Offener Brief an alle CSU, AfD, Seehofer & Höcke Sympathisanten

Immer häufiger lese ich in meiner Timeline Kommentare oder geteilte Zeitungsartikel (teils sogar aus seriösen Medien) in denen Ihr Eure Angst kundtut.
Die Flüchtlinge sind zuviel, zu schnell, zu anders. Durch ihre schiere Masse gefährden sie nicht nur unseren Sozialstaat, sie bringen auch unser wohlbehütetes Wertesystem zum wanken und was bleibt uns sonst noch zur Identifizierung? Natürlich lässt sich die kleinste Zahl von Euch zu so drastischen Auftritten wie dem von Herrn Höcke bei Günther Jauch hinreißen, doch in einem seid ihr vereint: in eurer Sorge.

Lasst mich deshalb in den Chor der Klagenden einstimmen und zugeben: auch ich habe Angst.
Vor euch.

Selbstverständlich ist nicht jeder von Euch Nazi und im Diskurs müssen wir aufpassen, dass wir nicht weiter in Beleidigungen auseinanderdriften, sondern die Ängste und Argumente der Gegenseite anhören, ernst nehmen und ausdiskutieren. So machen das funktionierende Gesellschaften und als eine solche rühmen wir uns dieser Tage ja allenthalber.

Natürlich seid Ihr keine Nazis, aber Ihr tragt mit Euren durchgängigen, lamoyanten Unheilsbekundungen zu einer Atmosphäre der Angst bei, die Menschen zu Taten wie dem Attentat auf die neue Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker motivieren.
Ich will Euch nicht den Mund verbieten. Ebenfalls würde ich lügen, wenn ich behaupten würde, dass die Flüchtlingskrise keine Herausforderung darstellt. Doch es ist ein klarer Grad zwischen bloßer Sorge und dem unbewussten Schüren von Angst. Und diesen überschreitet Ihr zu oft.
Unter Verwendung verdrehter Statistiken oder schIicht falscher Fakten sprecht ihr von überschrittenen Kapazitäten, verdammt die Bundeskanzlerin für ihren offene Asyl-Politik und fordert Transitzonen, Sofortabschiebungen und bestenfalls die komplette Schließung der Grenzen. Ihr habt schließlich die Bilder der Flüchtlingsflut gesehen und denkt, dass es an der Zeit ist, sich zu wehren.
Aber gegen eine Flut wehrt man sich nicht, man lernt zu schwimmen.
Und genau das tun bereits abertausende Bürger, die genauso besorgt sind wie Ihr: in Wäschekammern, Deutschkursen, Essensausgaben oder Freizeitgestaltungen für Flüchtlinge. Sie wissen, dass ihre ehrenamtliche Arbeit vielleicht ein Tropfen auf den heißen Stein ist und nehmen in Kauf, dass ihr unbezahltes Engagement von der Politik missbraucht werden kann, damit diese keine Gelder bereitstellen muss. Aber auch sie haben -genau wie Ihr- Angst. Angst davor, sich in einem Land wiederzufinden, mit dessen Werten sie sich nicht mehr identifizieren können. Einem Land, in dem heimat- und besitzlose Menschen als Bedrohung angesehen werden und eine Mauer als Antwort auf ihr Flehen nach Hilfe bekommen.

Die Flüchtlingssituation ist Teil Deutschlands und wird die Medien, die Politik, kurz die gesamte öffentliche Debatte noch lange beherrschen. Und ja, es werden auch Menschen zu uns kommen, die nicht direkt aus Kriegsgebieten geflohen sind. Aber ich lasse lieber 20 Menschen in meine Wohnung, von denen einer keine Hilfe benötigt hätte, als die Tür allen zu verschließen und die Hilfsschreie mit bayrischer Volksmusik zu übertönen.

Nun steht es Euch frei, wie zuvor weiterzuhetzen und Euch fälschlicherweise als Stimme des Volkes zu inszenieren. Lasst mich nur eine letzte Warnung aussprechen: Ihr steht auf der falsche Seite der Geschichte. Und Ebbe ist nicht in Sicht.

Grüße

Marco von Damghan